Achim H. Pollert: Wenn die Mitarbeiter ihr Gehalt selbst bestimmen

Achim H. Pollert (*) über Strukturen der Wirtschaft ///— ///

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Das deutsche Fernsehen berichtete über den ganz spektakulären Ansatz eines kleineren Unternehmers irgendwo in Deutschland. Dort könnten die Mitarbeiter ihr Gehalt selber bestimmen!

Unglaublich!

Der Betriebsinhaber hätte das Konzept vor 30 Jahren schon entwickelt. Und seither würde das mit Erfolg laufen. Die Mitarbeiter wären stets motiviert, auch unter Stress entspannt und sehr herzlich im Umgang mit Kunden.

In der Folge wurde der Inhaber dann befragt, und es stellte sich heraus, dass es ganz und gar nicht so war, dass die Leute ihr Gehalt selber bestimmten. Am Anfang, bei der Vorstellung, würde er die Leute fragen, wieviel sie verdienen wollten. Und wenn dann einer einen zu hohen Lohn angäbe, dann wäre das ja ein Zeichen dafür, dass er sich selber nicht realistisch einschätzt. Und dann würde er den Betreffenden einfach nicht nehmen.

So entpuppte sich das, was die Fernsehleute als revolutionäres Konzept vorstellten, als die in der Schweiz im Vorstellungsgespräch übliche Frage, was man verdienen wollte. Und wenn man da eben eine zu hohe Gehaltsforderung nennt, dann bekommt man die Stelle nicht. Ganz einfach: Jeder bestimmt sein Gehalt selber…

Es mag auch daran gelegen haben, dass die TV-Leute selber oft Freiberufler sind, beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen dann meist auch in Anlehnung an eine zum voraus feststehende staatliche Besoldungsordnung komfortabel bezahlt werden und somit mit den Niederungen des Angestelltendaseins nicht recht vertraut sind…

… obwohl man sich natürlich schon auch fragt, wie selten doof jemand sein muss, der auf Grund dieser Tatsachenlage den etwas primitiven Promotion-Gag „Bei mir bestimmen die Mitarbeiter ihren Lohn selbst“ für bare Münze nimmt.

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Publikumswirksam wurden dann auch noch Leute auf der Strasse angehalten mit der Frage: Was halten Sie denn davon, wenn die Mitarbeiter ihr Gehalt selber festlegen? Und die fanden natürlich alle, dass das nicht in Ordnung sein und funktionieren kann…

Es war ja auch im vorliegenden Fall nicht so. Eher eine Verarschung vom ländlichen Patron, der das mit verschmitzten Grinsen zuerst im Wirtshaus und später dann im TV verbreitete.

DAS PROBLEM

Das Problem ist, dass es das in der Wirtschaft auch wirklich gibt.

Es gibt Angestellte, die frei und ohne jede Rücksicht auf wirtschaftliche Gegebenheiten, ohne Rücksicht auf den Wert ihrer persönlichen Leistung, ohne Gefahr einer Haftung für Schäden ihre Bezüge frei bestimmen.

Der geneigte Leser ahnt es: Es geht um die leitenden Angestellten.

Denn in diesem Milieu der grossen Aktiengesellschaften, der Publikumsgesellschaften, wird nicht verhandelt zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer. In diesem Milieu ist wohl viel durch Gesamtarbeitsverträge verschiedener Ausprägung geregelt, Dienstordnungen, Einteilung in Lohn- und Gehaltsgruppen u.s.w. Und wohlweislich haben diese Regelungen (man mag sie nennen, wie man will: Tarifvertrag, Dienst- und Besoldungsordnung u.s.w.) stets nur Gültigkeit für die unteren Ränge.

Im gehobenen Bereich, wo jemand dann auch schon mal Direktor, Vorstand, Generalbevollmächtigter o.ä. im Namen führt, haben solche Regelungen keine Gültigkeit. Zu welchen Zeiten und wie lange man anwesend zu sein hat. Wie häufig und wie lange man in die Pause gehen kann. Ob man am Arbeitsplatz Privatdinge erledigen kann, oder inwieweit man gar andere Angestellte – Sekretärinnen, persönliche Mitarbeiter – mit Privatdingen beschäftigen darf. Ob man am Arbeitsplatz Alkohol konsumieren darf.

All diese Regelungen, teilweise bis in die kleinsten Feinheiten hinein, gelten dann ab einem bestimmten Niveau mehr.

Und eben auch nicht, wieviel da an Bezügen kassiert wird.

Da redet nicht einer als Inhaber, der sich verpflichtet, es irgendwie aufbringen, mit einem als Arbeitnehmer, der es bekommt und dafür eine Dienstpflicht eingeht.

Ganz und gar nicht.

Da redet ein Angestellter, der als Beauftragter der Inhaberschaft auftritt, mit einem anderen Angestellten, der in diesem Falle als er selber – quasi privat – auftritt. Das Bewusstsein allerdings, dass es sich bei Direktoren und anderen betrieblichen Machthabern um Angestellte handelt, ist heute sowohl in der Oeffentlichkeit wie auch bei ihnen selbst verloren gegangen. Da wird in diesen Angestellten an der Spitze eine Unternehmerschaft gesehen, der gegenüber die Angestellten an der Basis stehen.

Dabei, genau genommen, hat der Direktor in dem betreffenden Laden nicht mehr verloren als jeder Hilfsarbeiter dort. Beide wurden angestellt, um eine bestimmte Arbeit zu erledigen. Anders als der selbständige Unternehmer tragen beide kein gesteigertes Risiko für den Fall, dass der Laden zumachen muss.

Natürlich ist das so sowieso nicht in Ordnung. Jemand wurde von einem anderen Angestellten auf diesen Posten geholt, um dann den „Unteren“ gegenüber als Unternehmer aufzutreten. Und die „Oberen“ bestimmen weitgehend unkontrolliert, wieviel sie hier verdienen dürfen…

Das Ganze wäre in der ursprünglichen Struktur der Aktiengesellschaft eigentlich geregelt dadurch, dass es da einen Verwaltungsrat gibt, der die Interessen der Inhaber – sprich der Aktionäre – zu vertreten hat. Tatsächlich steht sogar im Gesetz, dass dieser Verwaltungsrat als „unübertragbare“ Aufgabe die „Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen“ hat. Auch wenn das natürlich ein Gummiparagraph ist – was soll „Oberleitung der Gesellschaft“ und „nötige Weisungen“ in der Praxis bedeuten ? -, so hat dieser Verwaltungsrat im Prinzip doch eine Pflicht zur Geschäftsführung.

Es würde dann wohl nicht genügen, die Geschäftsführung kurzerhand an eine Direktion zu delegieren und deren Handlungen und Entscheidungen dann abzunicken.

Aber ganz abgesehen von dieser gesetzlichen Vorgabe, kann dieses Prinzip der Kontrolle durch die Aufteilung in zwei unterschiedliche Instanzen – Management und Verwaltungsrat – alleine schon deshalb nicht funktionieren, weil ja diese Mitglieder des Verwaltungsrats in der Regel ihrerseits auch Angestellte sind.

Es entspricht der Tradition, dass scheidende Geschäftsführer, Generaldirektoren u.ä. quasi nahtlos in diesen Sitz im Verwaltungsrat gleiten. Ab heute sollen sie das Amt kontrollieren, das sie bis gestern innehatten. In solchen Verwaltungsräten sitzen auch die aktiven Manager von anderen Unternehmen, wohl oft regelrecht ineinander verschachtelt.

Bankdirektoren, die nun die Direktoren des Chemiemultis kontrollieren sollen. Versicherungsdirektoren, die die Direktoren der Fluggesellschaft kontrollieren sollen. Mehr noch: die eigentlich laut Gesetz zur Oberleitung der Geschäfte verpflichtet wären… und doch nichts weiter als Angestellte sind.

Seltener sind in diesen Verwaltungsräten die Vertreter von wirklichen Inhabern, von Leuten, die ihr Geld in dieses Unternehmen investiert haben und die deshalb ein vitales Interesse daran haben, dass das Unternehmen dieses Geld nicht für sinnlose Stargagen verschleudert.

Es gab immer mal wieder diese Fälle von den unfreundlichen Uebernahmen, in denen das ganze System selber zum Absurdum wurde. Da stand auf der einen Seite ein echter Inhaber, der Millionen ausgegeben hatte, um einen beträchtlichen Anteil des Unternehmens zu kaufen. Und dieser Inhaber wurde von den Angestellten in der Geschäftsleitung als „Räuber“ dargestellt, der den Bestand des Unternehmens bedrohte. In erster Linie bedrohte der Grossaktionär meist nicht so sehr das Unternehmen, sondern zunächst einmal eben diese Angestelltenriege in der Geschäftsleitung.

Verkehrte Welt. Der Eigentümer war der „Räuber“, der den Laden ausplündern wollte. Und die Angestellten waren diejenigen, die die wirklichen Interessen des Unternehmens wahrnehmen wollten.

Jetzt jedenfalls versteht man, wie das alles zustandekommt.

Dass Leute den grössten Mist bauen. Dass sie schon vorher bekannt dafür sind, dass sie Mist bauen. Dass sie dann einen grossen Trümmerhaufen hinterlassen. Und dass sie sich – eine förmliche Entlastung als Freibrief in der Tasche – mit einer Millionengage vom Acker machen.

Und dass niemand innerhalb des Unternehmens sich fragte, ob diese Leute denn solche Bezahlung überhaupt wert gewesen sind.

Das ist genau das, was passiert, wenn Mitarbeiter ihre Bezüge selbst bestimmen können.

Nicht im Wirtshauswitz.

In der Realität.

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Achim H. Pollert Autor, Publizist, Berater; Schwerpunkte: Wirtschaft, Psychologie, Wissenschaft, Personalwesen, Geschichte/Politik; lebt in der Schweiz und Frankreich; spricht Deutsch, Englisch, Französisch fliessend
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